Mit geklauter Identität zum Päckli – «Die digitale Kriminalität nimmt stark zu»
Dreiste Paketdiebe warten bis die Lieferung erfolgt ist. (Symbolbild)
Meist bestellen sie auf Rechnung, dann flattern irgendwann Mahnungen in die Briefkästen der Opfer. Päcklidiebe schreckt nichts ab – sie klauen die Identität Dritter und bestellen in Onlineshops. Wird das Paket ausgeliefert, schnappen sie zu.
Stell dir vor, du bekommst eine Rechnung für Ware, die du nie bestellt hast. Das ist heutzutage keine Seltenheit mehr. Da steckt nämlich eine Masche dahinter. Denn die Päcklidiebe klauen die Identität von Dritten und bestellen die Ware zu deren Adressen nach Hause. Das Paket wird vor dem Haus oder im Flur hinterlegt und die Diebe schnappen zu.
Die Betroffenen sitzen ohne Kenntnis auf einer Rechnung: «Grundsätzlich kann das jede Person treffen, so auch Privatpersonen. Denn die Daten der Adressen sind mit wenig Aufwand und auch detailliert irgendwo im Netz zu finden», sagt Florian Schneider, Mediensprecher der Kantonspolizei St.Gallen.
Er erklärt, dass die Diebe ihre eigenen Nummern für den Trackingcode nutzen und so genau wissen, wann das Paket ausgeliefert wird: «Es läuft viel zu einfach ab und im Allgemeinen kann man sagen, die ganze digitale Kriminalität kennt nur eine Richtung in den Zahlen, und zwar nach oben. Das ist das grosse Thema, welches uns sehr beschäftigt.»
Bereits über 800 Fälle im Kanton Thurgau und St.Gallen
Seit dem letzten Jahr sind es im Kanton St.Gallen über 530 Fälle, die im Zusammenhang von Identitätsmissbrauch zur Anzeige gebracht wurden. Da die Statistik erst seit diesem Jahr geführt wird, kann die Kantonspolizei noch keine definitiven Aussage machen, wie viele davon effektiv mit Bestellbetrügen zu tun haben und in wie vielen Fällen die Diebe gefasst wurden.
Auch im Kanton Thurgau gilt seit dem 1. September 2023 ein Strafbestand bei einem Identitätsmissbrauch. «In dieser Zeit gingen bei der Kantonspolizei Thurgau knapp 300 entsprechende Meldungen ein. In der Mehrzahl der Fälle wurde bei einem Onlinehändler die Identität der Person zur Registrierung und schliesslich zur Bestellung von Produkten missbraucht», sagt Polizeimediensprecher Daniel Meili auf Anfrage.
Dass es immer mehr zu Internet-Kriminalität kommt, ist auch bei den Onlinehändlern ein grosses Thema: «Wir stellen leider immer wieder fest, dass im Onlinehandel Identitäten missbraucht werden», sagt Tobias Heller, Kommunikationsmanager bei Digitec Galaxus. «Wir schauen uns jeden Fall individuell an. Die Paketverluste werden dann zu einem gewissen Warenwert auf Kulanz übernommen.»
«Wir kennen die Risiken, deshalb braucht es Fortschritte»
Die gemeldeten Missbräuche halten sich gemäss Heller jedoch noch in Grenzen, da eine Bestellung bei Digitec Galaxus nur mit einem Konto funktioniert. «Deshalb haben wir einige Sicherheitschecks im Hintergrund, die laufen. Wir setzen auch auf künstliche Intelligenz, die konstant Bestellungen überprüft und so potentielle Risiken stoppt», sagt Heller und fügt an, dass das System auch immer dazulernt: «Doch die Betrügerinnen und Betrüger sind kreativ und versuchen immer neue Möglichkeiten aus, deshalb ist es auch wichtig, dass wir uns weiterentwickeln und so weitere Fälle verhindern können.» Ein Grossteil der Betrugsmaschen kann der Onlineshop stoppen, doch nicht alle.
Abstellverbot gegen Missbrauch
So gilt zu verstehen, dass jeder Opfer von einem Identitätsmissbrauch sein könnte. Eine Zwei-Faktoren-Authentifizierung kann eine grosse Sicherheit bringen, damit die Betrüger wenig Chancen haben, die Konten zu hacken. Doch wenn sie die Identität klauen und auf eigene Faust ein Konto erstellen, dann bleibt eigentlich nur noch eines: «Wir empfehlen unseren Kundinnen und Kunden, die betroffen sind, unbedingt bei den Zustellpartnern ein Abstellverbot zu hinterlegen, damit Pakete nicht einfach beim Hauseingang landen», sagt der Kommunikationsmanager von Digitec Galaxus. Wird dann trotzdem ein Paket zugestellt, soll der Betroffene dies unverzüglich dem Onlineshop melden, damit diese solche Meldungen erfassen können.
Quelle: FM1 today